Antrag: | Pflege am Lebensabend und Sterben in Würde |
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Antragsteller_in: | Christian Moritz |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 15.11.2018, 07:38 |
T8HA5NEUÄA1 zu Pflege am Lebensabend und Sterben in Würde
Antragstext
Gegenantrag Pflege
Herausforderungen
In den kommenden Jahrzehnten wird sich die Bevölkerungsstruktur in Österreich stark verändern. Die sogenannte Babyboomer-Generation scheidet aus dem Arbeitsleben aus, die Geburtenrate bleibt niedrig und die Lebenserwartung steigt weiter an. Ein immer größerer Teil der Österreicherinnen und Österreicher wird älter als 85. Damit steigt auch die Zahl jener, die pflegebedürftig werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Reform des derzeitigen Pflegesystems dringend notwendig. Vor 100 Jahren war die Pflege alter und kranker Menschen weitgehend eine private Angelegenheit. In den letzten Jahrzehnten hat sie sich zu einer Mischform aus gesellschaftlicher und privater Verantwortung entwickelt. Parallel zum Wandel der Bevölkerungsstruktur ändern sich auch die Haushalts- und Familienstrukturen. Einerseits ist die Anzahl der Kinder pro Familie seit Jahren rückläufig, andererseits steigen die Zahl der lebenslang kinderlosen Personen und die Frauenerwerbsquote. Diese Entwicklungen werden dazu führen, dass das Pflegepotential in den Familien abnehmen wird.
Eine Studie des Bundesinstituts für Gesundheitswesen (im Auftrag des Sozialministeriums) aus dem Jahr 2005 zeigt die große Bedeutung der Kernfamilie für die Pflege auf: mehr als 80% der pflegebedürftigen Menschen werden zuhause von Angehörigen, überwiegend von Frauen, gepflegt. 40% aller Betreuungsleistungen werden von Ehe- bzw. Lebenspartner_innen und mehr als 25% von Kindern für ihre Eltern erbracht. Pflege in der Familie ist jedoch nicht „selbstverständlich“, denn nur 48% lehnen die Inanspruchnahme von mobilen Diensten grundsätzlich ab. Das aktuelle Pflegesystem baut also sehr stark auf die Pflege durch Angehörige (informelle Pflege), ohne diese angemessen und ausreichend zu unterstützen. Externe Unterstützung in Pflege wird in Österreich zwar angeboten (Hilfsmittel, Pflegeberatung, etc.), jedoch wird diese von den Betroffenen wenig angenommen. Rund 80% der pflegenden Angehörigen nehmen gar keine Pflege oder Betreuung gegen Entgelt in Anspruch. Erfahrungen aus kostenlosen und niederschwelligen Unterstützungsprojekten zeigen, dass dies jedoch nicht nur an finanziellen Gründen oder mangelnden Angeboten liegt, sondern oft an Unwissen über diese Angebote oder an Scham, nach Hilfe zu fragen.
Gleichzeitig fokussiert das aktuelle Pflegesystem viel zu sehr auf die Versorgung in großen Pflegeheimen,was sich durch das überhastete Aus des Pflegeregresses auch noch verstärkt hat. Dies ist nicht zuletzt deswegen problematisch, da es in den Bundesländern unterschiedliche Betreuungsschlüssel zwischen Pflegefachkräften und betreuten Personen gibt, womit Pflege- und Arbeitsbedingungen höchst unterschiedlich sind. Auf früh ansetzende Prävention wird aktuell kein Fokus gesetzt. Dabei kann das derzeitige Pflegesystem nicht garantieren, dass alle Personen versorgt werden können. Nach Modellschätzungen des Ageing Reports 2015 der Europäischen Kommission werden sich – je nach Szenario – die Kosten für Pflege in den kommenden Jahrzehnten mehr als verdoppeln. 2016 wurden nach Angaben der Statistik Austria rund 3,5Mrd Euro (Bruttoausgaben) alleine für Betreuungs- und Pflegedienste ausgegeben.
Vision
Selbstbestimmte Pflege daheim
Unser derzeitiges Pflegesystem sorgt nicht für die Ergebnisse, die wir uns erwarten. Pflegende Familienmitglieder stoßen oftmals an ihre Grenzen und die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gelingt nur selten. Unser selbstbestimmtes Pflegemodell gibt der Bevölkerung die Sicherheit einer optimalen und bedarfsgerechten Versorgung. Die Bürger_innen sind an ihrer Gesundheit interessiert und nehmen an diversen Projekten zur Gesundheitsförderung und -prävention teil. Sie sind als mündige Patient_innen in der Lage, ihr Leben eigenverantwortlich physisch und psychisch nachhaltig gesund zu gestalten. Gleichzeitig finden sie durch wohnortnahe Versorgung ein Netzwerk an professionellen Ansprechpartner_innen im interdisziplinären Gesundheits- und Pflegebereich vor. Diese beraten und begleiten die Bürger_innen gemäß ihren individuellen Bedürfnissen. Dadurch verlagert sich die Versorgung vom stationären zum wohnortnahen, mobilen Bereich. Durch eine Stärkung der Pflegeberufe werden Angehörige entlastet. Die nachhaltige Finanzierung folgt einer Balance von Eigenverantwortung und solidarischer Absicherung.
Das Kernziel von Betreuung und Pflege - ein gesundes Leben im Alter - erreichen Länder mit dezentralen Pflegesystemen, die Familien (bzw. die informelle Pflege) entlasten, deutlich besser: Während Frauen mit 65 Jahren in Schweden und Island statistisch noch 17 bzw. 16 gesunde Lebensjahre erwarten können, sind es in Ländern mit zentralisiertem System wie Österreich oder Italien lediglich ca. 8 Jahre, was einer Halbierung entspricht.
Im NEOS-Modell zur selbstbestimmten Pflege sind die Menschen möglichst lange in Betreuung (Unterstützung bei den Aktivitäten des alltäglichen Lebens, Prävention), aber nur kurz bzw. wenig in Pflege (z.B. Inkontinenzversorgung, Versorgung chronischer Wunden, etc.). Der Betreuungsteil kann und soll, wenn möglich, in der gewohnten Wohnumgebung erfolgen. Betreuende und pflegende Angehörige werden durch einen Ausbau von Präventionsmaßnahmen entlastet und im kommunalen Pflegesystem mitgedacht. Grundlegendes Ziel ist daher ein möglichst langes Leben zu Hause, mit je nach Bedarf zur Verfügung stehender Assistenz oder Betreuung.
Leitlinien und Maßnahmen
Strukturen vereinfachen, Kompetenzen klar verteilen
Die Struktur des österreichischen Pflegesystems weist einige Schwächen auf. Die rechtliche Definition der Pflegebedürftigkeit ist viel zu eng und berücksichtigt nicht den Alltag der Betroffenen. Dies führt dazu, dass präventive Maßnahmen zu kurz kommen und Betroffene schneller als notwendig in eine hohe Pflegestufe rücken und somit sehr früh in die stationäre Pflege überführt werden. Definitionen von Pflegebedürftigkeit in skandinavischen Ländern gehen stärker auf die Selbstbestimmtheit des Individuums ein und ermöglichen auch Präventionsmaßnahmen und Alltagsunterstützung verstärkt mitzudenken. Die stationäre Pflege (egal ob Pflegeheim, Spital, etc.) ist zudem die teuerste Variante. Drei von vier Euro geben wir für diese Form der Pflege aus. Sinnvoller ist der Ausbau von mobilen Pflegediensten, die in der Lage sind, pflegebedürftige Personen länger in ihrer gewohnten Umgebung zu versorgen und somit einen der größten Patient_innenwünsche erfüllen. Bei Pflege in den eigenen vier Wänden bestimmt die zu pflegende Person ihren Alltag und den Umfang der Pflege selbst und ist dadurch unabhängiger. Bei akuten Krankheitsfällen schreitet der Genesungsprozess bei häuslicher Pflege deutlich schneller voran.
Die österreichische Pflegestruktur in ihrer derzeitigen Ausprägung gleicht einem Fleckerlteppich mit sehr unterschiedlichen Qualitätsstandards, Regelungen und Kostenbeteiligungen. Hier wollen wir Klarheit schaffen: der Bund sorgt mittels Rahmenregelungen für österreichweite Qualitätsstandards und (arbeits-)rechtliche Absicherung. Die operative Verantwortung liegt bei den Gemeinden, um wohnortnahe und flexible Pflegelösungen zu etablieren.
Wir wollen nicht mehr, dass die Postleitzahl über die Qualität der Betreuung und Pflege im Alter entscheidet. Es braucht klare, einheitliche Qualitätsstandards, die der Bund vorgibt, damit die Menschen sich auch auf die Qualität und die Leistungen in der Betreuung und Pflege verlassen können. Zudem müssen die Tätigen im Pflegebereich inhaltlich und strukturell aufgewertet werden.
NEOS fordert:
- Eine Neudefinition des Begriffes „Pflegebedarf“ nach skandinavischem Vorbild zur Stärkung der Prävention.
- Bundesweit einheitliche Qualitätsstandards und Personalschlüssel sowie Standards für Gesundheitsbauten wie zum Beispiel Pflege-WGs.
- Einen Ausbau der mobilen Pflegedienste und ein klares Bekenntnis zu mobiler Pflege.
- Inklusion von mobilen Betreuungsangeboten, die der Prävention dienen, in die Pflegestufen.
- Die dezentrale Organisation der Pflegedienste. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden durch den Bund festgelegt, die Verantwortung für die Erbringung der persönlichen und praktischen Unterstützung sowie entsprechender Räumlichkeiten liegt bei den Gemeindeverwaltungen.
- Evaluation der derzeitigen Fördermaßnahmen und rechtlichen Rahmenbedingungen von alternativen Wohnformen mit dem Ziel eines Ausbaus von bedürfnisgerechten und leistbaren Wohnraum im Alter.
Insbesondere die lokale Versorgung von Demenzpatient_innen ist derzeit nur mangelhaft im österreichischen Pflegesystem abgebildet. Deshalb ist aus Sicht von NEOS ein Pflegemodell zu etablieren, dass sich am niederländischem „BUURTZORG“ Modell orientiert. Ein derartiges Modell soll Demenzpatient_innen eine 24/7 Erreichbarkeit, bei einer geringen Anzahl an Schnittstellen im System ermöglichen und gleichzeitig zu einer Aufwertung & Entlastung von Pflegefachkräften führen:
- Prävention & Mobilisierung: Beratung und Begleitung der Patient_innen wie Selbstständigkeit erhalten bzw. wiedererlangt werden kann
- Aufbau eines informellen Netzwerks mit Angehörigen, Freunden, Nachbarn zur Einbindung in die tägliche Betreuung
- Systematische Entlastung des Pflegefachpersonals, sodass sich diese auf die tatsächlichen pflegefachlichen Tätigkeitenfokussieren können
- Aufbau eines formellen Netzwerks im Gesundheitswesen (Allgemeinmediziner_in, Spezialisten, Apotheke, …), das Patient_innen in Anspruch nehmen können.
Angehörige stärken, Prävention ausbauen, Innovation fördern
Das aktuelle Pflegesystem baut sehr stark auf die Pflege durch Angehörige (informelle Pflege), ohne sie entsprechend zu unterstützen. Externe Unterstützung in Pflege wird in Österreich zwar angeboten (Hilfsmittel, Pflegeberatung, etc.), jedoch wird diese von den Betroffenen kaum angenommen. Rund 80% der pflegenden Angehörigen nehmen gar keine institutionelle oder organisatorische Pflege oder Betreuung gegen Entgelt in Anspruch (Sozialministerium 2014). Erfahrungen aus kostenlosen und niederschwelligen Unterstützungsprojekten zeigen, dass dies jedoch nicht nur an finanziellen Gründen oder mangelnden Angeboten liegt.
Im NEOS Modell zur selbstbestimmten Pflege sind die Menschen möglichst lange in Betreuung (Unterstützung bei den Aktivitäten des alltäglichen Lebens), aber nur kurz bzw. wenig in Pflege (z.B. Inkontinenzversorgung, Versorgung chronischer Wunden, etc.). Der Betreuungsteil kann und soll, wenn möglich, in der gewohnten Wohnumgebung erfolgen. Diese werden durch einen Ausbau von Präventionsmaßnahmen entlastet und im kommunalen Pflegesystem mitgedacht.
Wir müssen die professionalisierte Betreuung zur Prävention der Pflegebedürftigkeit einsetzen. Hierzu benötigen wir, wie oben bereits beschrieben, eine rechtliche Definition von Pflegebedürftigkeit, die den Alltag der Menschen abbildet.
Skandinavien macht es uns vor: Der Großteil der skandinavischen Leistungsempfänger_innen von Betreuungsangeboten könnte nach österreichischem Recht weder die Pflegestufe 0 noch die Pflegestufe 1 erhalten. In Dänemark beispielsweise benötigen annähernd zwei Drittel der Empfänger_innen von Home-Help-Leistungen eine wöchentliche Unterstützung von weniger als zwei Stunden. Diese Leistungen dienen sehr stark der Prävention (z.B. Unfallvermeidung durch Hilfe beim Fensterputzen, präventive Besuche um zukünftigen Betreuungs- und Pflegebedarf festzustellen) oder gesundheitsfördernden Maßnahmen. Diese Reform der mobilen Betreuungsdienste sorgte in Dänemark dafür, dass innerhalb von sieben Jahren weniger Einwohner_innen im Alter ab 65 Jahren formelle Leistungen in Anspruch nahmen. Ebenso ging die in Anspruch genommene Betreuungsleistung (in Stunden) um mehr als 20 Prozent zurück.
NEOS fordert:
- Die Einführung von präventiven Hausbesuchen (wie in Dänemark): jeder/jede Bürger_in ab dem 70. Lebensjahr erhält jährlich mindestens zwei Angebote für einen präventiven Hausbesuch. Die Bürger_innen können dazu Ja oder Nein sagen. Diese Vorsorgebesuche dienen zur Abschätzung des zukünftigen Betreuungs- und Pflegebedarfs und stärken Präventionsmaßnahmen.
- Die Inklusion von mobilen Betreuungsangeboten, die der Prävention dienen, in die Pflegestufen.
- Den verstärkten Einsatz von technischen Assistenzsystemen (z.B. Installation von Notruf- und Monitoringsystemen in den Wohnungen älterer Menschen).
- Die Inklusion der pflegenden Angehörigen in das kommunale Pflegesystem, u.a. durch eine verpflichtende Einbindung von Angehörigen bei der Ausgestaltung der kommunalen Pflegedienste.
Berufstätige aufwerten
Pflegekräfte (Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz, Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger_innen) sind das Rückgrat der formellen Pflege in Österreich. Derzeit wird das Fachwissen von Pflegekräften im Rahmen der Primärversorgung oder der Prävention nicht bzw. nur schlecht abgerufen. NEOS sehen die 2017 erfolgten Reformschritte in den Gesundheits- und Krankenpflegeberufen (z.B. Einführung der Pflegefachassistenz) als positiv an. Pflegekräfte sind jedoch noch immer nicht auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen. In einigen Gesundheitsberufen sehen wir schon klare Kompetenzprofile. Um jedoch Pflegeberufe aufzuwerten, Weiterentwicklungen von Gesundheitsberufen professionell zu begleiten und Gesundheitszentren (wie z.B. Primärversorgungszentren) gut aufzusetzen, benötigt es einen Kompetenzkatalog von allen Gesundheitsberufen. Um dies zu erreichen, benötigen wir ein einheitliches Kompetenzmodell für alle Gesundheits- und Pflegeberufe. Mit diesem Schritt werden die Kompetenzen der einzelnen Gesundheits- und Pflegeberufe gestärkt und sichtbar gemacht. Die Umsetzung eines solchen Modells ermöglicht es auch, den Beruf der Pflege aufzuwerten und attraktiver zu gestalten.
NEOS fordert:
- Die Erstellung eines Kompetenzkataloges für alle Gesundheitsberufe.
- Die Verankerung der Pflegeberufe in der Primärversorgung. Pflegekräfte werden ein elementarer Bestandteil von Primärversorgungszentren und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Haus- und Fachärzt_innen wird verstärkt. Ebenso werden die Vorsorgegespräche (siehe Angehörige stärken) von Pflegekräften durchgeführt.
- Die schnellstmögliche Ausgestaltung von Kollektivverträgen bei einer Anstellung in einem Primärversorgungzentrum.
- Die Möglichkeit, die erbrachten Leistungen direkt mit den Sozialversicherungsträgern abrechnen zu können (z.B. Präventionsmaßnahmen).
Versorgung und Pflege für Schwerstkranke und Sterbende
Die Versorgung Schwerkranker oder Menschen, die am Lebensende stehen, birgt große Herausforderungen. Politik und Gesundheitsberufe müssen hier Hand in Hand gehen: Die Politik ist gefragt, den rechtlichen und finanziellen Rahmen vorzugeben, und die medizinisch und pflegerische Praxis, diesen Rahmen mit Leben zu erfüllen. Denn ohne diesen wechselseitigen Austausch ist Innovation nicht möglich. Nur so kann hier den Ansprüchen der Betroffenen und ihrer Angehörigen entsprochen werden.
Die bestmögliche und bedarfsgerechte Versorgung am Lebensende darf aber nicht Glücksfall sein. Sie muss ein Recht des Einzelnen werden. Verfassungsbestimmungen werden daran nichts ändern - was es braucht, ist ein fester Wille zur Veränderung und ein gemeinsames Bekenntnis aller politischen Ebenen: insbesondere auch der Länder. Sonntagsreden und Ankündigungen sind zu wenig und werden von den Bürgerinnen und Bürgern zu Recht nicht mehr toleriert. Im Mittelpunkt müssen immer die Bedürfnisse der Betroffenen stehen, denn die Wünsche am Lebensende sind so unterschiedlich wie das Leben selbst.
NEOS fordert:
- Das Modell der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung im österreichischen System dem wachsenden Bedarf entsprechend etablieren.
- Die palliativmedizinische Versorgung für Kinder und Jugendliche verbindlich im Gesundheitssystem verankern.
- Flexible Angebote - etwa Tageshospize sowie mobile Palliativ- und Hospizteams parallel zur Schaffung stationärer Hospizplätze fördern.
- Die Anpassung der Ausbildungen aller Berufsgruppen im Gesundheitsbereich an die Anforderungen der Praxis - mit einem noch stärkeren Fokus auf das Thema der Palliativversorgung.
- Die Stärkung von Entlastungsmaßnahmen für Betreuende.
Finanzierung enkelfit gestalten
Angesichts der derzeitigen budgetären Entwicklungen ist mit einem zusätzlichen Bedarf von jährlich drei bis vier Mrd Euro (bis 2060) zu rechnen. Der (mittlerweile abgeschaffte) „Pflegeregress“ in seiner zuletzt angewendeten Form war inakzeptabel, v.a. auch deswegen, weil er in jedem Bundesland anders geregelt war. Das stellte beispielsweise Familien mit Familienmitgliedern in unterschiedlichen Bundesländern vor schwierige Entscheidungen. Es bestehen große Ungleichheiten und Intransparenz. Gleichzeitig sorgt die ersatzlose Abschaffung des Pflegeregresses für eine Finanzierungslücke von bis zu 1 Mrd. Euro jährlich. Dabei ist die Finanzierung des Pflegesystems extrem zersplittert: Während die Variante der stationären Versorgung im Heim am teuersten kommt, wird sie mit der Abschaffung des Pflegeregresses nun am stärksten gefördert. Gleichzeitig wurde das Pflegegeld seit seiner Einführung 1993 nicht der Inflation entsprechend erhöht. Der Bund erspart sich derzeit 565 Millionen Euro jährlich, was speziell den 377.000 Menschen, die ambulant gepflegt werden, fehlt. Konkret spart das System hier aber auf Kosten der Menschen. Außerdem sind die unterschiedlichen Finanzierungstöpfe unübersichtlich und schwer nachvollziehbar. Es gibt zudem keine einheitlichen, verbindlichen Qualitätsstandards in der Pflege, bei den Pflegeleistungen oder bei verpflichtenden Kontrollen über die diversen Teilnehmer am Pflegemarkt, wie beispielsweise Vermittlungsagenturen.
Eine Neuregelung der Finanzierung für Heimaufenthalte soll in einer Balance von Eigenverantwortung und solidarischer Absicherung erfolgen. Ziel ist dabei die Unterstützung und Finanzierung der Betreuung und Pflege aus einer Hand bei der gleichzeitigen Fokussierung auf möglichst lange Betreuung und Pflege zu Hause. Würde man bundesweit 78% der zu Pflegenden ambulant versorgen (wie dies derzeit in Vorarlberg der Fall ist), würde die stationäre Pflege um 25.000 Personen entlastet werden. Pro Person würde man 19.471 Euro (bei Pflegestufe 4) einsparen, was insgesamt 486 Millionen Euro Pflegekostenersparnis ohne Qualitätsverlust bringen würde. Gleichzeitig könnte man das Pflegegeld valorisieren. Die Finanzierung der Pflege wird längerfristig durch eine Neuaufstellung des Pflegefonds sichergestellt. Dieser soll insbesondere durch Abschichtung von öffentlichen Anteilen von Energieversorgungsunternehmen geschehen (Potenzial von bis zu 14 Milliarden Euro).
NEOS fordert:
- Finanzierung aus einer Hand durch den Bund, nachdem der Bund für die Rahmenbedingungen und die Qualitätsstandards zuständig ist.
- Zur Finanzierung der Umstellung des Pflegesystems werden wir den aktuellen Pflegefonds (dzt. 417 Mio. Euro) durch Abschichtung von öffentlichen Anteilen (25% plus eine Aktie bleibt im Staatsbesitz) von Energieversorgungsunternehmen aufstocken. Dies hat ein Potential von ca. 14 Mrd. Euro.
- Erbschaften des Staates mangels erbberechtigter Angehöriger werden ebenfalls zweckgebunden dem Pflegefonds zugeführt.
- Eine Kostenbeteiligung für Heimaufenthalte. Diese ist von Pflegebedürftigen zu entrichten, die unter der Pflegestufe 5 liegen und trotzdem nicht in mobiler, sondern in stationärer Pflege versorgt werden. Wir wollen Anreiz reduzieren, die Menschen früher als notwendig ins Heim führen. Wir wollen mobile Pflegeangebote stärken.Den Rückgriff auf Schenkungen in den zehn Jahren vor der Heimaufnahme, um Umgehungsversuche zu unterbinden (entspricht 4% pro Jahr, maximal 10 Jahre).
- Eine bundesweit einheitliche Berechnung der Kostenbeteiligung für stationäre Pflege ab Pflegestufe 5. Auf das Eigenheim, das vor der Heimaufnahme bewohnt wurde, sowie auf Vermögen über 10.000 Euro oder weitere Immobilien, wird nicht zugegriffen.
- Dass auf Einkünfte (z.B. Pension, Vermietung und Verpachtung, Pflegegeld) zugegriffen wird, bevor ein Zugriff auf Vermögenswerte erfolgt.
- Keinen Zugriff auf Vermögen von Kindern und Partner_innen.
Unterstützer_innen
- Edith Kollermann
- Christine Hahn
- Johannes Bachleitner
- Julian Unterweger
- Anna Kreil
- Dieter Feierabend