Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung NEOS Wien am 16.11.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 5 Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Julia Deutsch, Tobias Hübl, Markus Österreicher, Philipp Pichler, Thomas Weber |
Für eine moderne Erinnerungskultur in Wien!
Beschlusstext
Die Debatten um die öffentliche Ehrung von historisch belasteten
Persönlichkeiten wie Edward Colston, Wladimir Iljitsch Lenin oder Karl Lueger
haben durch Bewegungen wie Black Lives Matter weltweit, aber auch in Österreich,
wieder an Aufmerksamkeit gewonnen. Im Mittelpunkt steht die kritische
Auseinandersetzung mit Denkmälern und Ehrungen von Personen, deren historische
Rolle heute kontrovers diskutiert wird. Die Frage, wie mit solchen Denkmälern
umgegangen werden soll - sei es durch Erhaltung, Kontextualisierung oder
Entfernung - wird immer intensiver und öffentlicher diskutiert.
Prominentestes Beispiel in Wien ist wohl das Denkmal Karl Luegers, eines
Politikers, der - wie auch im Historiker:innenbericht der Stadt Wien dargelegt -
seinen politischen Erfolg maßgeblich auf den grassierenden Antisemitismus
stützte. Dennoch wird Lueger bis heute mit einem imposanten Denkmal im Stadtbild
geehrt. Ob und wie dieses Denkmal neu kontextualisiert werden soll, wurde in den
letzten Jahren heftig diskutiert - von der Anbringung von Informationstafeln bis
hin zur Idee, das Denkmal ganz zu entfernen.
Das Kommentieren ist möglich: von 23.10.2024, 12:00 bis 16.11.2024, 10:00
Nach jahrelangen Debatten, Interventionen wie der Aufschrift 'Schande' auf dem
Denkmal und einem Wettbewerb für Kontextualisierungskonzepte entschied sich die
Stadt Wien schließlich für eine symbolische Maßnahme: Die Statue wird für
500.000 Euro um 3,5 Grad nach rechts geneigt. Diese Entscheidung zeigt die
Komplexität der Diskussion und wirft die Frage auf, ob damit der historischen
Verantwortung im Umgang mit Luegers Erbe ausreichend Rechnung getragen wird.
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Auch der Leopold-Kunschak-Platz, benannt nach einem Antisemiten und engen
Parteigänger Karl Luegers, wurde zum Schauplatz heftiger Debatten, als die
Forderung laut wurde, ein weiteres Denkmal für Kunschak zu errichten.
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Erinnerungskultur als Chance verstehen
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Die Debatte um den Umgang mit öffentlichen Ehrungen belasteter historischer
Personen sehen wir als Chance für eine neue Erinnerungskultur, die faktenbasiert
von einer möglichst breiten Öffentlichkeit diskutiert wird und die Geschichte
vor denjenigen schützt, die sie nur politisch instrumentalisieren wollen.
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Politische Verantwortung übernehmen
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Aus unserer Sicht ist der Umgang mit der öffentlichen Ehrung historisch
belasteter Personen nicht nur eine Frage der Geschichte, sondern auch der
politischen Verantwortung. Diese Denkmäler und Ehrungen repräsentieren nicht
einfach 'die' oder 'unsere' Geschichte, sondern sind Produkte ihrer jeweiligen
Zeit und Mentalität. Die Veränderung solcher Erinnerungsformen ist keine
Geschichtsverfälschung, sondern eine gängige Praxis im Umgang mit Geschichte,
die in allen Epochen vor der unseren üblich war.
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Für den Umgang mit Ehrungen im öffentlichen Raum (Denkmäler, Benennungen) gibt
es aus unserer Sicht keine allgemeine Regel. Dies würde auch der historischen
Realität nicht gerecht. Jedes Denkmal und jede Benennung muss für sich
diskutiert und abgewogen werden. Aufgabe der Politik ist es, dafür den
geeigneten Rahmen zu schaffen.
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Dabei sehen wir die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte als Chance,
sich von einem einseitigen Geschichtsbild zu lösen und eine lebendige
Erinnerungskultur zu gewinnen, die sich auch den belasteten Kapiteln einer
Geschichte mutig stellt.
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Grundlage dieser Diskussionen müssen aus unserer Sicht wissenschaftliche
Erkenntnisse sein. Die Entscheidung, wie mit öffentlichen Ehrungen belasteter
Persönlichkeiten umgegangen wird, bleibt aber immer eine politische
Verantwortung, die am Ende eines öffentlichen Diskurses unter Beteiligung der
Bürger:innen steht.
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Kurator:innen für den öffentlichen Raum
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Museen verfügen über Kurator:innen, die den nötigen Kontext für ein breiteres
Verständnis von Artefakten herstellen. Sie schaffen damit die wissenschaftliche
Grundlage für ein besseres Verständnis der Objekte. Im öffentlichen Raum
hingegen fehlt diese Funktion: Denkmäler stehen oft ohne Kontext in der
Öffentlichkeit und zementieren Geschichtsbilder.
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Wir fordern daher die Einrichtung von Kurator:innen für den öffentlichen Raum,
idealerweise im Wien Museum angesiedelt. Diese sollen hier Abhilfe schaffen und
gemeinsam mit den Gebietsbetreuungen, die bereits Expertise für
Beteiligungsformate zur Verfügung stellen, die Grundlage für öffentliche
Debatten über belastete historische Personen schaffen. Auch bei
Neupräsentationen von Denkmälern oder Neu- bzw. Umbenennungen im öffentlichen
Raum soll dieser Prozess einer politischen Entscheidung vorausgehen.
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Leitlinien einer modernen Erinnerungskultur
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Als Basis für die Implementierung einer modernen Erinnerungskultur fordern wir
die Anwendung folgender Leitlinien:
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Die ausschließliche Anbringung von Zusatztafeln halten wir für einen mut- und
ideenlosen Minimalkompromiss, der nicht in der Lage ist, ein breites
Geschichtsverständnis abzubilden. Diese Zusatztafeln tragen nicht zu einer
kritischen Auseinandersetzung bei und schreiben im schlimmsten Fall ein
einseitiges Geschichtsbild fort.
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Ebenso kritisch sehen wir das Verräumen von Statuen belasteter historischer
Personen in Museen, da dies häufig ein politisches Mittel ist, um der
öffentlichen Debatte mit problematischen Denkmälern auszuweichen. Volle Depots
tragen nicht zu einer kritischen Auseinandersetzung bei und geben die politische
Verantwortung für den Umgang mit solchen Denkmälern an die Museen ab.
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Gleichzeitig erkennen wir aber auch, dass es sinnvolle Ausnahmen von diesen
beiden Leitlinien geben kann, wie der Umgang mit der Statue des Sklavenhändlers
Edward Colston zeigt.*
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Bürokratie aus dem Weg räumen
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Bürokratie darf kein Hindernis für eine moderne Erinnerungskultur sein. Der
Verwaltungsaufwand muss daher so gering wie möglich gehalten werden. Kosten, die
den Bürger:innen aus so einer Umbenennung direkt im Bereich der staatlichen
Verwaltung entstehen, müssen von der öffentlichen Hand übernommen werden.
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Fazit
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Die Auseinandersetzung mit Denkmälern und öffentlichen Ehrungen historisch
belasteter Personen bietet uns die Chance, unsere Erinnerungskultur
weiterzuentwickeln. Es geht nicht darum, Geschichte zu verfälschen oder gar
auszulöschen, sondern sie kritisch zu hinterfragen und in einen zeitgemäßen
Kontext zu stellen.
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Nutzen wir diese Chance!
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* Die Statue wurde zusammen mit dem angebrachten Graffiti, den Seilen, mit denen
sie gestürzt wurde, und einer Sammlung von mehr als 500 Plakaten als Beispiel
für ein sich wandelndes Geschichtsbild in einem Museum in Bristol aufgestellt.
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