Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung NEOS Wien am 14.10.2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 4 Anträge |
Antragsteller_in: | Dolores Bakos, Hakan Can, Georg Fritsch, Hans M. Graf, Christian Hadinec, Michael Laubsch, Stephan Leitner, Silvia Nadjivan, Yannick Shetty, Martin Steiner |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 14.10.2023 |
Eingereicht: | 14.10.2023, 12:38 |
Ersetzt: | Fördern und fordern! - 12 Maßnahmen für eine verbindliche Integration an Wiens Schulen und Kindergärten |
Fördern und fordern! - 12 Maßnahmen für eine verbindliche Integration an Wiens Schulen und Kindergärten
Antragstext
Wien ist eine wachsende Millionenstadt – was überwiegend auf Zuwanderung
zurückzuführen ist. Als weltoffene Metropole heißen wir Menschen willkommen, die
bei uns leben, arbeiten und einen Beitrag zum gesellschaftlichen Vorankommen
leisten wollen. Denn Migration ist ein Mehrwert für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und
Gesellschaft. Dennoch bringt Zuwanderung auch Herausforderungen mit sich, die es
zu benennen gilt. Eine der großen Herausforderungen ist die gelungene
Integration zugewanderter Menschen.
Das Bildungssystem spielt eine Schlüsselrolle für gelungene Integration. Die
Förderung und Integration von Kindern, gleich welchen Hintergrund sie haben,
muss so früh wie möglich beginnen, damit ein selbstbestimmtes, erfolgreiches und
gutes Leben glücken kann.
Fakt ist, dass Integration, gerade auch in diesem wichtigen Querschnitt in Wien
in den letzten Jahrzehnten massiv vernachlässigt wurde. Herausforderungen und
Probleme wurden und werden von politisch linker Seite negiert und liegen
gelassen, während sie rechte Parteien erst zum Aufschwung und Gedeihen bringen.
Es ist das Geschäftsmodell rechter Parteien, Probleme im Integrationsbereich
groß aufzubauschen, jegliche Lösung zu verhindern und mit Angst und Hetze die
Gesellschaft zu spalten und Wählerstimmen zu machen.
Angesichts der Tatsache, dass etwa die Deutsch–Defizite bei Schüler:innen in
Wien nach wie vor hoch sind oder etwa problematische Milieus hohen Einfluss auf
Kinder & Jugendliche gewinnen und dennoch bislang kaum Maßnahmen gesetzt wurden,
gibt es dringenden Handlungsbedarf. Dafür ist es notwendig, Herausforderungen
nicht nur wahrzunehmen, sondern diese auch anzupacken. Naivität hilft beim Thema
Integration genauso wenig wie das Schüren von Ängsten und Vorurteilen.
Das ist und war schon immer der NEOS-Zugang zu politischen Themen: genau
Hinschauen und Lösungswege erarbeiten - ohne ideologische Scheuklappen, dafür
mit Mut und einem ehrlichen sowie evidenzbasierten Willen zur Veränderung zum
Besseren.
Aus Sicht von NEOS Wien bedarf es für den Querschnitt von Bildung und
Integration die aktive Teilnahme aller Beteiligten: von Pädagog:innen über
Eltern bis zu den Schüler:innen selbst. Dafür sind mutige, sachliche und
verbindliche Lösungen nötig, welche die Herausforderungen im Integrations- und
Schulbereich anpacken und Kindern den Stellenwert geben, den sie verdienen: den
allerhöchsten.
Dafür ist es notwendig, Angebote zu machen, wovon es in Wien schon eine Fülle
gibt. Es ist aber auch notwendig, diese Angebote mit Verbindlichkeiten zu
versehen. Wir fördern. Wir fordern aber auch ein.
Mit diesem 12 Punkte Plan gelingt eine umfassende Aktivierung im
Bildungsbereich:
1. Deutsch von Anfang an
Über die Hälfte aller Schüler:innen Wiens sprechen im Alltag eine andere Sprache
als deutsch.Umso wichtiger ist es, das kostenlose zweite verpflichtende
Kindergartenjahr einzuführen,damit so früh wie möglich Sprachförderung betrieben
werden kann.
2. Mehr Sprachförderkräfte und bei Bedarf zusätzliche muttersprachliche
Begleitung im Kindergarten
Mehrsprachig aufzuwachsen, bedeutet eine wertvolle Ressource zu besitzen, die
viele Vorteile mit sich bringt. Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass
Kinder mit einer anderen Muttersprache als deutsch dieselben Chancen erhalten
und haben, wie jene mit deutscher Erstsprache. Deshalb ist der Ausbau solcher
Fachkräfte sowie bestehender Pilotprojekte, wie es in Wien bereits passiert,
voranzutreiben.
3. Verschränktes Deutschlernen von Kindern & ihren Eltern fördern:
Bei Sprachdefiziten ist das gemeinsame, verschränkte und niederschwellige
Deutschlernen vor Ort, vor allem in Bildungseinrichtungen, verstärkt zu fördern
und möglich zu machen.
Positive Effekte sind dabei das gegenseitige Bestärken und Leben positiver
Vorbilder in der Eltern – Kind – Beziehung. Eltern und Kinder lernen voneinander
und miteinander und erleben die eigene Teilnahme am Kurs / Angebot auch als
Stütze für den jeweils anderen.
4. Verpflichtende Sommerdeutschkurse vor Beginn des neuen Schuljahres für alle
Schüler:innen mit Deutschdefiziten (außerordentlicher Status)
Wir setzen uns dafür ein, dass Sommerdeutschkurse im Bedarfsfall verpflichtend
werden, denn nur mit verbindlichen Angeboten ist gewährleistet, dass
Sprachdefizite und Lernrückstände aufgeholt werden können. Ein Aufstieg für
außerordentliche Schüler:innen kann in einem solchen Fall nur bei Absolvierung
des Sommerdeutschkurses, so wie sie derzeit als Angebot in der Stadt Wien
bereits bestehen, möglich sein. Wir fordern den Bund daher auf, eine
entsprechende Rechtsgrundlage für diese Möglichkeit der Verpflichtung zu
schaffen.
5. Wir werden Interkulturalität in Schulen stärker in den Fokus rücken: z.B.
durch Projektwochen der „Tage der Vielfalt“. Wien ist Heimat vieler
verschiedener Kulturen, Ethnien und Religionen – nur wenn Kinder diese von klein
auf kennen und schätzen lernen, kann ein gutes und gemeinsames Miteinander
funktionieren.
6.Verbindliche Elternarbeit mit Unterstützungsangeboten und
Sanktionsmöglichkeiten:
Ganz gleich ob Migrationsbiografie vorhanden ist oder nicht: Eltern prägen die
schulische Laufbahn in höchstem Grade mit. Elternarbeit stellt damit einen
wichtigen Beitrag für die Bildungslaufbahn eines Kindes dar. Ohne Eltern geht es
nicht!
Wir sehen Elternarbeit als das, was der pädagogischen Arbeit und damit der
bestmöglichen Förderung des Kindes dient: die Teilnahme an Elternabenden,
Sprechtagen und persönlichen Gesprächen, bei Bedarf Terminen und Maßnahmen der
Schulsozialarbeit; kurzum alles, was der positiven Entwicklung des Kindes dient
und Eltern aktiv in das Schulgeschehen einbindet. Daher sind folgende Punkte
notwendig:
- Förderung der Elternarbeit etwa mit Angeboten des Dolmetschens bei
Elternsprechtagen, mehrsprachiger Elternabende und mehrsprachiger
Informationen oder etwa Eltern–Lehrer–Cafés zum gegenseitigen Kennen /-
und verstehen lernen oder anderer Mittel zur Schaffung ausreichender
Möglichkeiten, damit Eltern und Erziehungsberechtigte am Schulleben ihrer
Kinder teilhaben können.
- In Wien hat rund die Hälfte der Kinder unter 15 Jahren einen Elternteil,
der keine eigenen Erfahrungen mit dem österreichischen Schulsystem gemacht
hat. Deshalb ist eine entsprechende Förderung der Elternbildung ein ebenso
wichtiger Grundstein, den wir umsetzen, um Barrieren im Bildungssystem zu
beseitigen.
- In Folge setzen wir uns für verpflichtende Elternarbeit bei
Nicht–Erscheinen von Eltern bei Elternabenden oder
Eltern–Lehrer–Gesprächen (z.B. auch telefonisch) ein.
Die Konsequenz bei Nichtbeachtung sieht ein zweistufiges System der Eskalation
vor, welches sich selbstverständlich an alle Eltern, unabhängig vom Background,
, richtet: Im ersten Schritt erfolgt die aufsuchende Elternarbeit (1).
Schulsozialarbeiter:innen besuchen bei der aufsuchenden Elternarbeit die
betroffene Familie zuhause (oder in anderem vertraulichem Rahmen) und betreiben
in persönlichem und niederschwelligem Familienverband Sozialarbeit, indem sie
„Schule nachhause bringen“. Dabei werden persönliche Gespräche zur weiteren
Entwicklung des Kindes geführt, beraten, informiert und Hilfestellungen gegeben.
Keinesfalls soll es um Kontrolle, sondern vielmehr um bestmögliche Unterstützung
für das Kind und die Familie gehen.
Sollte auch die aufsuchende Elternarbeit abgelehnt und nicht in Anspruch
genommen werden, ist im zweiten und finalen Schritt eine Verwaltungsstrafe (2)
als Maßnahme für den Entzug von der Partizipation an der Elternarbeit
vorzusehen.
Wir fordern von der Bundesebene, dass eine entsprechende Rechtsgrundlage für die
Länder geschaffen wird, eine solche Verwaltungsstrafe einheben zu können.
7. Wir fordern verpflichtende Lehrer:innenfortbildungen zu Themen der
Interkulturalität, Diversität, Antirassismus, Antisexismus, Bekämpfung von
Antisemitismus und Homophobie sowie anderer Formen der Diskriminierung vor allem
an jenen Standorten, an denen Abwertungen von Schüler:innen gegenüber
Mitschüler:innen in besonderem Ausmaß vorkommen.
Kinder und Jugendliche machen auch in der Schule leider noch immer Erfahrungen
von Ausgrenzungen, z.B. aufgrund der ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder
Hautfarbe. Schulen stehen in der Verantwortung, sich aktiv für die Beseitigung
von Diskriminierung einzusetzen und eine diskriminierungsfreie Bildung für alle
Schüler:innen zu ermöglichen.
Gerade Rassismus zeigt sich etwa in unbewussten Handlungen. Nur wenn
Pädagog:innen, einerseits bezogen auf eine ausgrenzungsfreie und respektvolle
Umgebung und andererseits bezogen auf eigene vorhandene unbewusste Vorurteile,
sensibilisiert und geschult sind, kann Diskriminierung bekämpft werden.
8. Chancenindex
Wir fordern, dass der bundesweite Chancenindex endlich umgesetzt wird, der jenen
Schulen mehr Budgetmittel zur Verfügung stellt, die größere Herausforderungen
haben. Mit der indexbasierten Finanzierung erreichen wir soziale Durchmischung
an den Schulen und schaffen Chancengerechtigkeit für alle Schulstandorte.
9. Stärkung der Schulsozialarbeit
Mit den bereitgestellten Budgetmitteln soll insbesondere auch die
Schulsozialarbeit zur Entlastung von Pädagog:innen und anderen Fachkräften
gestärkt werden, vor allem an jenen Standorten, die besonders von
Herausforderungen betroffen sind. Zahlreiche Problemstellungen von Lehrer:innen,
Schüler:innen wie auch Eltern benötigen rasche Hilfestellungen, die das
schulische, familiäre und private Umfeld mitdenken und ggf. externe
Unterstützungssysteme heranziehen.
10. Verpflichtender Ethikunterricht für alle
Ein gemeinsamer Ethikunterricht erfüllt wichtige Dialog- und
Integrationsaufgaben. Für eine freie, demokratische und liberale Gesellschaft
ist es essenziell, wenn alle Jugendlichen und nicht nur jene, die sich vom
Religionsunterricht abmelden, in der Schule mit Fragen von Ethik und Moral
konfrontiert werden.
Gleichzeitig sehen wir es in einer Stadt, die Heimat zahlreicher Menschen ganz
unterschiedlichen Backgrounds ist, als wichtig an, auch in der Schule über eine
gemeinsame Wertebasis in einer offenen, liberalen Demokratie zu sprechen und
bereits früh ein Verständnis über diese zu vermitteln. Nur wenn wir uns bewusst
sind, dass ein friedliches Zusammenleben ein gemeinsames Verständnis über unsere
demokratischen Spielregeln beinhaltet – und zwar unabhängig davon welchen
Hintergrund jede:r einzelne hat – kann Integration funktionieren.
Deshalb fordern wir, dass der gemeinsame Ethikunterricht so früh wie möglich in
der Schule eingeführt wird und ggf. mit Projekttagen oder -wochen als
spielerisch-pädagogischem Ansatz zusätzlich ergänzt wird.
11. Wir setzen auf den Ausbau einer nachhaltigen, wertebasierten
Schulentwicklungsarbeit, wie etwa jener des Wiener Bildungsversprechens oder
Respekt: Gemeinsam stärker“
Nicht nur Eltern, sondern vor allem auch Mitschüler:innen prägen schulische
Bildungsbiographien. Diesen Einfluss wollen wir positiv nutzen, zum Beispiel
durch Etablierung von Schüler:innen zu „Wertebotschafter:innen“, die sich durch
diesen Peer- to-Peer Ansatz für ein respektvolles, verantwortungsvolles
Miteinander in Schule und Gesellschaft engagieren und andere Jugendliche
animieren.
12. Radikalisierung unterbinden
Wir beobachten, dass die Bedeutung von Identität als Abgrenzung zu anderen in
der Gesellschaft immer größer wird. Durch die (online-)Präsenz prominenter
radikalisierter Akteur:innen und damit verbundener problematischer abwertender
Einstellungen unserer offenen, liberalen Gesellschaft gegenüber (in Form von
frauenfeindlichen, LGBTIQ-feindlichen oder antisemitischen Ansichten) wird der
Gefahr der Radikalisierung gerade für junge Menschen auch noch Antrieb gegeben.
Wir betrachten mit Sorge, dass Radikalisierungsprozesse auch immer öfter durch
den Import von innenpolitischen Konfliktthemen der ursprünglichen
Herkunftsländer (der Eltern) befeuert werden. Noch besorgniserregender ist es,
wenn terroristische Organisationen und ihre grausamen Handlungen, wie etwa Hamas
und Hisbollah, auf Wiens Straßen gehuldigt und bejubelt werden. Alle, die in
Österreich leben, müssen sich zum Völkerrecht und zu Menschenrechten bekennen
und wir dürfen das Abfeiern oder Glorifizieren von Angriffen auf unschuldige
Zivilist:innen nie tolerieren.
Wir verschließen daher nicht die Augen vor dieser Gefahr extremistischer
Tendenzen, ganz gleich aus welcher Richtung diese kommen mögen, und geben der
Wichtigkeit von Extremismusprävention einen hohen Stellenwert. Denn gerade
Jugendliche sind in besonderem Maße anfällig für die Vereinnahmung durch
radikale, extremistische Ideologien, die für sie oft identitätsstiftend sind.
Hier muss früh angesetzt und präventiv für Aufklärung, Beratung und Hilfe
gesorgt werden. Dies gelingt uns etwa mit Programmen wie „Wir alle sind Wien“.
Kommentare
Das Kommentieren ist möglich: von 20.09.2023, 12:59 bis 14.10.2023, 10:00